Mit Hund unter Läufern, Teil 12: 120km-Tour im Burgenland

Heute ist der „Hund unter Läufern“ hundefaul und lässt sich von einem Gastbeitrag unterhalten. Herzlichen Dank an Jana für den tollen Beitrag! Ich hoffe ihr sitzt im Warmen & Trockenen, wenn ihr das hier lest …

120 km EXTREM Tour im Burgenland

… oder von untauglicher Smartphonetechnik und den größten Schneeflocken ever, ever, ever.

Diese EXTREM-Tour geht 120km rund um den Neusiedlersee und ist für Läufer, Wanderer und Walker. Das Zeitfenster beträgt 24 Stunden. Wenn man eines mit Sicherheit sagen kann, dann, dass „EXTREM“ wirklich das Maß aller Dinge ist. Aber ich wollte dabei sein mit meinem Hund Susi und die Berichte aus den vergangenen Jahren ließen meinen Wunsch noch stärker werden.

3DXU3ATA

Zugegeben, die 120 km sind per se schon der Hammer und ob ich diese knacke, sei dahin gestellt. Ich fragte erfahrene Ultraläufer, ob das realistisch ist und wenn ja, wie ich trainieren muss. Wochenlang habe ich mir den Kopf zerbrochen, welche Ausrüstung wirklich wichtig ist und gut genug für diese Herausforderung im Winter. Ich habe also alles, nach besten Wissen und Wissenstand geplant. Wir haben trainiert, wenn auch nicht immer optimal.

Jeder Ultra beginnt mit dem ersten Schritt

Mörbisch, Freitagmorgen 3.00 Uhr. Der Wecker riss mich aus dem Tiefschlaf. Ein letztes Mal die Füße eingecremt (Tipp von einem Ultraläufer, danke Bernd!) und die teuren Antiblasensocken angezogen und den Rest meiner Ausrüstung. Mein Hund war freudig erregt, so früh Gassigehen und hüpfte erwartungsvoll durch die Wohnung. Der Tritt vor die Haustür eröffnete die kalten Temperaturen und den hinzugekommenen Wind, ich machte mir noch keine Sorgen, hatte ja extradünne Skiunterwäsche an. Also auf nach Oggau!

Im Auto sitzend löffelte ich meine verhasste Haferschleim Früchtemischung, soll ja gut sein. Am Start eingetroffen herrschte eine tolle Stimmung. Parken kein Problem, die Anwohner wohnten dem Menschenauflauf aus ihren Fenstern bei, Parken vor einer Ausfahrt wurde lächelnd zugestimmt. Mein Plan war, die ersten 4 Stunden zu laufen und dann gehen bis Apleton; dann umziehen und weiter gehen. Daher sortierte ich mich bei den Läufern ein, damit ich nicht alle Walker und Geher im Dunkeln mit meinem Hund überholen muss. Dieser Teil meines Planes war auf jeden Fall gut.

1463061_727349224046004_7385849458799004592_n

Es ging los, eine Rakete schoss als Signal in den Himmel und auf ging es in die Dunkelheit der Weinhänge. Das Feld lichtete sich relativ schnell, so dass wir ausreichend Platz hatten. Ich will es vermeiden, zu dicht andere Läufern mit meinem Hund zu überholen. Wir waren zwar gut beleuchtet, aber aufgrund der Lichtkegel der Stirnlampen sieht man den Hund erst spät. Super-Susi hatte ihr Geschirr an und ich rechnete eigentlich nicht wirklich damit, dass sie permanent im Zug läuft. Das war unser Schwachpunkt, ich wollte aber auf der langen Strecke vermeiden, dass zu viel Druck auf ihr Halsband kommt.

Die Reise geht los

Was immer auch Susi genommen hat, sie tat als ob sie es nicht anders kennt und läuft vom Start an konstant auf Zug, sehr angenehm. Und so waren wir ein Teil des Glühwurmzuges durch die Weinreben.

Wir näherten uns Ungarn, die Straßen wurden schlechter und ich versuchte den immer mehr werdenden Pfützen und Schlaglöcher auszuweichen, um den Zeitpunkt der nassen Füße raus zu zögern. Es lief gut. Wir erreichten das erste ungarische Dorf und es war der Zeitpunkt für eine extra Einheit Hundetraining.

DWN77E7N

In Ungarn scheint gefühlt jeder Hausbesitzer zwei oder mehr riesige Hunde im Garten zu haben. Auf die Läufer vor uns reagierten die Hunde scheinbar nicht, bis wir kamen. Mit ohrenbetäubendem Lärm sprangen die Hunde mit aller Macht in die Zäune und an die Tore. Susi war verunsichert und rechnete jeden Moment damit, dass sie gefressen wird. In den Fenstern der Häuser tobten Miniaturausgaben von Hunden, falls auf den Fensterbrettern jemals etwas gestanden habe sollte, stand es nach uns, garantiert nicht mehr dort. Sicher war auf jeden Fall, das jeder im Dorf durch uns wach gewesen sein musste.

Aufgrund des frühen Tages lief ich soweit es ging auf der Dorfstraße, um Susi Sicherheit zu geben. Tapfer durchquerte sie Dorf für Dorf. Wir näherten uns meiner gesetzten 4 Stunden Marke, es ging uns gut und es machte einfach Spaß, in Susis Schlepptau unterwegs zu sein.

LJ3Y3XNTEin weiterer Verpflegungspunkt, nichts ist schöner wie dieser warme Früchtetee bei einem Lauf, wir wurden bestens versorgt. Es begann zu regnen, ich holte meine zusätzliche Regenjacke raus, zog die Schutzhülle über meinen Rucksack und war noch frohen Mutes. Wir hatten die Radwege verlassen und kamen in unbefestigtes Gelände. Schön, dachte ich bei dem Anblick der wasserbedeckten Wege, wenn hier noch ein paar hundert Läufer durch müssen, gibt es Schlammcatchen.

Wir hatten Glück, die Füße waren sowieso schon nass, aber es lief noch nichts von oben in die Schuhe rein. Wir durchquerten das Naturschutzgebiet mit den riesigen Weiden und ich hoffte auf die großen Rinder mit den imposanten Hörnern. Leider waren sie zu weit weg, um Fotos zu machen.

Jetzt wird´s hart bzw nass.

Die Wege wurden immer schlechter und schlammiger, mein Hund wechselte langsam die Farbe in naturbraun. Der Regen wurde immer stärker und es gesellten sich Schneeflocken dazu. Die Handschuhe waren durch. Meine Hose änderte den Aggregatzustand von trocken zu nass. Jetzt begann der „schönste“ Teil der Strecke und ich versuchte, den Naturgewalten zu trotzen.

Beim Griff an meine Kapuze bemerkte ich, dass sich schon Eis gebildet hatte, leider nicht nur auf meinem Kopf, sondern gefühlt auch in meinen Beinen. Es war nur noch nass und kalt, die Wärme, die ich durch das Gehen erzeugte, reichte nicht aus und meine Bekleidung unter der Jacke war durchs Laufen feucht. Schöne Aussichten und der Weg zu meiner trockenen Skihose war noch weit.

4V6K8WR5Selbst den Gedanken, mir meine Ersatzklamotten aus dem Rucksack anzuziehen musste ich verwerfen, weil der Regen so stark war und es weit und breit kein Dach oder ähnliches in Sicht war, um sich trocken zu legen. Also Augen zu und durch.

Wir liefen und liefen – oder schwammen und schwammen. Der vereinbarte Anruf bei meinem Begleitfahrzeug stand an, also Handy raus und … nix und! Die riesigen Schneeflocken legten das Touchscreen lahm, herrlich die moderne Technik, und sicher schön anzusehen wie ich versuchte den Bildschirm an der nassen Hose zu trocknen. Der Versuch 115 funktionierte dann endlich, mit dem Ergebnis, dass die Hände jetzt richtig kalt waren. Super. Es gab nichts mehr an meinem Körper was sich trocken oder annähernd warm anfühlte und der Blick in die Weite der Seenlandschaft munterte mich nicht gerade auf! Susi schüttelte sich immer häufiger und sah mich verzweifelt an, ihr sonst so zuverlässiges Fell, hatte seine Funktion unter den Wassermassen verloren und sie sah im wahrsten Sinne des Wortes aus, wie ein begossener Pudel.

10917332_794105283959946_8399584516264254030_nEs schien kein Ende zu nehmen und meine Laune sank dem Nullpunkt entgegen, meine Muskeln fingen an zu zittern und zwar richtig. Das Gehen wurde schwieriger und mein Wille schwand.

Endlich, die Freude beim Erreichen meines rettenden, warmen Auto schien unendlich, Susi war so schnell im Kofferraum verschwunden und in Deckung gegangen, frei nach dem Motto ich bin nicht mehr da! Eine Kommunikation mit meinem Retter bis auf: „ich höre auf!“ fand erst einmal nicht statt. Mein Körper zitterte wie verrückt und meine Hände krallten sich an die warme Belüftung. So schnell hatte ich mich noch nie aus und wieder angezogen.

1507643_794104323960042_3206303285985284461_n

30 min später ging es mir wieder besser, das Schneetreiben wurde noch stärker, die Schneeflocken waren riesig, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Diese Monsterflocken sollten auch noch für reichlich Gesprächsstoff abends im Gasthaus sorgen. Auf den Straßen ging fast nichts mehr. LKW´s blieben stecken und mussten die Schneeketten montieren, auf der gegenüberliegenden Fahrbahn war Stillstand. Als wir endlich wieder in unserer Ferienwohnung angekommen waren, ging es mir wieder super. Susi bekam ihre heißgeliebten Schweineohren und trug sie stolz wie Trophäen auf ihre Decke. Mein Rucksack war komplett durchnässt, sogar die Kamera in ihrer Hülle war nass.

Fazit

Wir sind 60km weit gekommen und haben dafür 7 Stunden gebraucht, darauf bin ich stolz. Das Burgenland ist wunderschön und wir haben eine ungeahnte Gastfreundschaft genossen. Der Tag danach war vom Wetter her traumhaft schön und die Sonne schien, als wollte sie wieder etwas gutmachen. Von 1200 Startern haben 124 das Ziel erreicht, meine Hochachtung vor dieser Leistung. Der schnellste Läufer benötigte für die Strecke 11 Stunden, Wahnsinn!

Diese Veranstaltung ist, nicht nur für Profis sondern auch für uns „Otto-Normalos“ konzipiert. Alles kann, nichts muss, es sind viele Gruppen dabei, die sich zusammen auf die Strecke begeben. Viele laufen oder gehen Teilstrecken. Ebenso wie jeder kann und mag, trotzdem kommt jeder auf seine Kosten.

Der Verein Dogtrekking&More aus Österreich ist mit einer großen (Hunde-)Gruppe dabei gewesen. Es sind Shuttlebusse organisiert, eine Notfallflotte und schöne Labestationen, in meinen Augen war alles perfekt. Selbst ohne mein eigenes Begleitfahrzeug hätte ich mich perfekt betreut gefühlt.

Wer das nächste Mal dabei sein möchte, sollte wissen, dass ein Großteil der Strecke asphaltiert ist. Wenn der Hund sich gut führen lässt, kann man zum Teil gut auf die Seitenstreifen ausweichen. Was ich persönlich optimieren muss ist mein Schuhwerk, durch die Kürze der Vorbereitungszeit wollte ich für die lange Strecke keine Experimente wagen. GoreTex ist keine Option, auch das Material gab auf. Ich würde wahrscheinlich ein Versuch mit Icebug wagen, ein Schuh der bequem ist, guten Halt auf vereisten Fläche bietet und vor allem wasserdicht ist!

Nächstes Jahr starte ich einen neuen Versuch, den Rest will ich auch noch sehen… und Super-Susi bestimmt auch!

-> Link zur Veranstaltung

Ein Kommentar


  1. Gratuliere, Jana und Susi!

    Und danke für den lebhaft anschaulichen Bericht 🙂 Da sollten auch diejenigen was davon haben, die nicht dabei gewesen sind!

    Dann bis zur nächsten 24-Stunden-Burgenland-Extrem-Tour oder vielleicht auch einem Dogtrekking …

    Keep on running,
    Udo
    Dogtrekking & more Sportunion
    http://www.dogtrekking.at

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert