Diesmal rollen wir die Geschichte von Hunden, welche sich unter Läufern herumtreiben, mal ganz anders auf. Und zwar „live“. Okay, zugegebenermaßen nicht wirklich live, aber mit einer sehr geringen Zeitverzögerung. Ich berichte von den Abenteuern mit Hund beim Allgäu Panorama Marathon bzw. dessen Ultra-Distanz, welcher noch keine 48 Stunden her ist, während ich das hier tippe. Die Tinte auf Sarjas Finisher-Urkunde ist quasi noch nicht trocken, und ihre Unterwolle ebenso.
Schon seit einigen Jahren habe ich damit geliebäugelt, den APUT (Allgäu-Panorama-Ultra-Trail, 70 Kilometer und etwa 3000 Höhenmeter) mit Hundebegleitung durchzuziehen. Das Problem: bisher war diese Veranstaltung immer eine hochsommerliche Hitzeschlacht. Als Läufer kann man sich sowas schonmal antun, die Verantwortung trägt jeder für allein. Aber mit Hund? Unverantwortlich. Ich werde nie vergessen, wie ich mich 2012 bei über 30 Grad im Schatten die Südhänge hochgeschleppt habe. Bei so einem Wetter lässt man doch keinen Hund auf den Trail.
Die Wettervorhersage für den 24. August 2014 war mehr als hundefreundlich, vor allem für die regenresistenten Exemplare. Temperaturen teils im einstelligen Bereich und reichlich Flüssigkeit von oben sind vorher gesagt. Ich muss vor dem Start unserer Husky-Hündin Sarja ja nicht die ganze Wahrheit erzählen …
Sarja kann Regen eigentlich nicht leiden, aber beim APUT laufen wir nicht in die Traufe, sondern in einen schönen und relativ kühlen Sommertag. Hundewetter vom feinsten, wenigstens für die zweite Hälfte des Rennens. Das reicht.
Sarja und ich stehen mit Ines (Kempten-VIP) beim Allgäu-Outlet und frühstücken. Hier ist der einzigste Platz in Startnähe, wo man vom Regen verschont bleibt. Es ist 5 Uhr morgens und viele der Anwesenden haben noch so ihre Zweifel daran, ob die heutige Teilnahme eine gute Idee ist. Wir sind hochmotiviert und freuen uns darauf, die nächsten Stunden im Schlamm spielen zu können.
Der Startschuss fällt um 6 h. Schon nach wenigen Metern treffe ich viele Mitläufer, die wir von den Chiemgauer100, dem Junut und dem RosensteinTrail her kennen. Kleine, feine Ultra-Familie.
Es ist fast unmöglich, mal ein Bild ohne Regentropfen auf der Linse zu schießen. Über schlammige Pisten laufen wir hinauf nach Ofterschwang und Bolsterlang. Ich bin froh, dass ich meine Stöcke mitgenommen habe. Damit kann ich einige Beinah-Stürze auffangen. Sarja ist mit 4 Pfoten hier definitiv im Vorteil.
Der Trail ist ein einziger riesiger Wassernapf; Sarja wird keine Durststrecke hinter sich bringen müssen.
Beim APUT bekomme ich schon auf den ersten Kilometern zu spüren: Mit Hund ist man hier mehr als Willkommen. Positives Feedback bekomme ich aus dem Läuferfeld genauso wie an jeder Verpflegungsstelle.
Auch die Wegbeschaffenheiten sind für einen Hund nahezu ideal. Auf den 70 Kilometern entsteht keine Monotonie und es wechseln sich Pfade, Feldwege und asphaltierte Strecken regelmäßig ab.
Wir stören Sigrid und Barbara beim Foto-Shooting nur ungern…
Es ist doch ein paar Grad kälter als gedacht und ich bekomme zu spüren, dass meine kurze Hose nicht die beste Wahl war. Eisbein-Alarm.
Die beiden Bilder über- und unterhalb dieses Textes verdeutlichen ganz gut, wie schön abwechslungsreich die Streckenführung ist.
Dem Spruch nach war Mario auch schon hier (Insider). Apropos: Nach 35 Kilometern erreichen wir die Staatsgrenze.
Vor dem Gasthof Hörnlepass ist wieder eine der reichhaltig bestückten VPs aufgebaut. Sarja nascht von der Wurstplatte, für mich gibt es warme Gemüsebrühe. Heute ist tendenziell eher Glühwein- als Kaltes-Bier-Wetter. Die Helfer lesen einem jeden Wunsch von den Augen ab und die blauen von Sarja stehen natürlich immer an erster Stelle.
Wir laufen zügig hinunter nach Riezlern und ich bemerke, dass sich die Kälte negativ auf mein linkes Knie ausgewirkt hat. Bergab laufen macht jetzt nicht mehr den größten Spaß.
Das Wetter bessert sich zusehends. Wäre ja auch blöd, wenn der Allgäu Panorama Ultra Trail gänzlich ohne Panorama auskommen müsste.
Wir sind auf dem Holzweg und der führt ausnahmsweise da hin, wo wir hin wollen.
Der schöne Freibergsee ist in Sicht und das heißt, dass die VP in Oberndorf nicht mehr weit ist. Hier möchte ich von einem Sanitäter kurz mein Knie checken lassen. Sarja hingegen hat keinerlei orthopädische oder sonstige Problemchen. Ehrlich gesagt vergesse ich manchmal sogar, dass ich einen Hund dabei habe! Das sibirische Uhrwerk läuft immer schön vor mir und hält dabei die Leine locker gespannt. Wir sind jetzt etwa 6 Stunden unterwegs.
Barbara und Sigrid tauchen hinter mir auf und letztere packt auch gleich die Tote-Hosen-Peitsche aus. Das hat gesessen! Ich versuche mit dem alten Chiemgauer100-Trick auszuweichen, doch dafür bin ich heute zu langsam; da muss ich jetzt wohl durch.
Endlich: das Stadion in Oberstdorf! Der feuchte Rasen sorgt dafür, dass meine Schuhe und Sarjas Pfoten eine dringend notwändige Wäsche bekommen.
Ich muss an Trailmaxx denken, der mal meinte: „Wenn ich mich während eines Laufs massieren lasse, dann ist die Zeit gekommen, dass ich mir zuhause einen Treppenlift einbaue.“ Der Masseur tastet mein Knie ab und findet ruckzuck die Quelle des Schmerzes. Sigrid findet meinen Gesichtsausdruck lustig und macht Bilder, die ich niemals veröffentlichen werde. Nach einigen Metern Tape und einem Bier geht es weiter. Ab jetzt ist es nur noch eine Halbmarathon-Distanz; das geht zur Not auch mit einem Bein.
Der Sonnenkopf schickt seine Boten. Ein letzter Blick zurück nach Oberstdorf.
Den Faltnapf muss ich heute nicht entfalten.
Klar, ein Kilometer wird immer ein Kilometer sein, aber diese Steigungen hier geben der Maßeinheit eine ganz neue Dimension.
Massage und Tape haben Wunder bewirkt. Oder war es doch das Bier? Jedenfalls ist mein Knie wieder voll funktionstüchtig, hurra!
Das Wetter ist auf unserer Seite. Vor 2 Jahren wäre diese Wiesenüberquerung selbst ohne Steigung eine schweisstreibende Angelegenheit gewesen.
Jeder Meter, welcher eher horizontal als vertikal angelegt ist, wird auf diesen wunderschönen Wald- und Wiesen-Trails rennend zurück gelegt.
Der Weg ist ein holprig, technisch nicht der einfachste, aber mit hohem Spaßfaktor versehen.
Die letzte Verpflegungsstelle vor dem Motivationsbrecher …
… dem finalen Anstieg zum Sonnenkopf!
Etwa 1,5 Kilometer lang geht es jetzt nach oben. An einer Lichtung präsentiert sich uns das noch gut 10 Kilometer entfernte Ziel Sonthofen in einer angeberisch schönen Aussicht.
Ja, der Weg auf den Sonnenkopf war nicht nur steil, sondern auch verdammt rutschig. Meine Beine können davon Geschichten erzählen.
Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es steil hinab in den 9 Kilometer langen Endspurt.
Kurz darauf werden wir locker-flockig von Maxime überholt.
Der letzte VP vor dem Ziel. Die Kuchen waren hervorragend, vielen Dank!
Das Finale verbringe ich mit einer angenehmen Unterhaltung bei gemäßigtem Tempo. Irgendwie schade, dass es nach 70 Kilometern schon wieder vorbei ist.
Sarja wird im Ziel würdig gefeiert. Zu recht, denn sie hat den ersten Platz in ihrer Alterklasse gewonnen, herzlichen Glückwunsch!
Ein rundum gelungener Tag und eine sehr empfehlenswerte Veranstaltung, die auch für Hunde mit Langstreckenerfahrung sehr geeignet ist. Von Sarja bekommt der Allgäu Panorama Ultra Trail deshalb 5 von 5 schlammigen Pfotenabdrücken! Schade nur, dass er aufgrund des Veranstaltungs-Zeitraums (ein Sommertag im August) für Hundebegleitung nur selten in Frage kommen wird.